Warum kritische Theorie? Warum eine Bibliothek?

Am 26. April 2025 wird die disputhek ab 16 Uhr feierlich eröffnet. Aus diesem Anlass wird es zwei Beiträge mit Diskussion geben, welche sich den Fragen „Warum kritische Theorie?“ und „Warum eine Bibliothek?“ widmen.

Warum kritische Theorie?

Der 1. Mai steht bevor, und allerorts finden sich bereits die Mobi-Plakate an den Wänden – raus auf die Straße und nun wirklich mal Stimmung gegen die Kapitalisten machen. Diese Krise ist eine zu viel, jetzt müssen die Arbeiter es doch mal verstehen – so scheint der verbindende Subtext zu sein, der Anarchisten, Gewerkschaften und ML-Sekten eint. Man ist sich sicher, Gewissheit besteht: Die Kapitalisten müssen weg. Deshalb gilt es, die Arbeiter anzustacheln, Revolution zu machen.
Diese Gewissheit ist nur möglich durch den Glauben daran, der Wahrheit habhaft zu sein. Grundlegend dafür ist die je eigene Theorie, welche schablonenhaft den objektiven Verhältnissen übergestülpt wird. Deshalb wird das vorgetragene Nachdenken über die Frage „Warum kritische Theorie?“ einen zentralen Gedanken Bruhns und der ISF aufnehmen, der sich gegen den Drang zu theoretisieren stellt und stattdessen auf Kritik pocht, die sich nicht in argumentativen Begründungen verfängt. Die Wahrheit der Kritik kann sich erst mit der Abschaffung des Gegenstandes zeigen – alles andere verkommt zur Affirmation des Bestehenden.
Dem folgend ist es geboten, sich gegen autoritäre Wahrheitsprediger zu wenden, sich der Verwertbarkeit im akademischen Betrieb zu verweigern und sich gegen den Drang zu richten, etwas positiv festzuhalten. Die Möglichkeit des Einspruchs liegt beim Einzelnen, der den Drang dazu leiblich spürt. Dabei kann das Ziel nicht die möglichst elaborierte Zurschaustellung des eigenen Wissens sein, sondern das Polemisieren gegen die Absurdität, in der wir unser Leben fristen. Dass es ist, wie es ist – das ist die Krise, und nicht irgendeine ökonomische Erscheinung wie beispielsweise die Kursentwicklung des DAX.
Gebannt von der sich drehenden Medaille – auf der einen Seite Staat, auf der anderen Kapital – wird vergessen, dass sie menschengemacht ist. So ist es an ihnen, sie abzuschaffen.
Dies wird der Rahmen sein, in dem die Antwort auf die Frage „Warum kritische Theorie?“ abgesteckt werden soll.
Sodann wird der erste Kommentar einige Trugschlüsse der vermeintlichen Trennung von Individuum und Gesellschaft benennen. Diese Trennung ist Gegenstand und Bedingung ihrer Kritik. Deren falscher und zugleich notwendiger Gegensatz zu Praxis, welche heute mithin als Freizeitaktivismus erscheint, soll die Intention auf „die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt“ erhalten.
Der folgende Kommentar reflektiert den Prozess des Kommentarschreibens. Denn Kritik ohne Selbstkritik findet sich mit sich selbst ab – sie ist keine.

Warum eine Bibliothek?

Der audio-visuelle Input „Wir packen unsere Bibliothek aus“ von kssndr swk gibt keine Antwort auf die Frage “Warum eine Bibliothek?”, sondern lässt Bilder und Erinnerungen entlang eines Textes von Walter Benjamin vorbeiziehen. Er dreht sich in assoziativer Weise um die Frage, wie aus Einzelnen ein Ganzes, wie aus Büchern eine Bibliothek wird. Der Blick schweift ab auf Bleisatz, Papiermaschinen und Getriebe; die Gedanken auf die Schrullen echter Sammler und in die Benjaminsche auratische Ferne; und auf verfehlte Formen. – Mit der Eröffnung der disputhek ist die Frage nach dem Verhältnis unserer Bücher zum Format Bibliothek nicht schon hinter den Kulissen vollständig geklärt – wir sind aktuell mitten im Sortieren, die Katalogisierung noch ausstehend. Tatsächlich: Wir packen unsere Bibliothek gerade erst aus. Der Input versucht dieses Moment einer Bibliothek, das “der aufgebrochenen Kisten, der von Holzstaub erfüllten Luft” und das noch nicht “von der leisen Langeweile der Ordnung” Umwitterte einzufangen und die Gedanken, Vorstellungen und Ideen ein wenig ins Tanzen zu bringen.

Nach dem 20-minütigem Filmschauen kommentieren Minze Maraffa und Natalia Fomina.

Weitere Infos zur Eröffnung: https://disputhek.de/eroeffnung/